IronMan Worldchampionship Kona - Hawaii 13.10.2012 |
Wieder einmal stehen die berühmten 226km (3,8 Schwimmen, 180 Radfahren und 42,2 Laufen) auf dem Programm. Diesmal in Kailua-Kona auf Big Island, Hawaii, wo alljährlich die Ironman Worldchampionship stattfindet. Der Tag beginnt früh. Nach einer unruhigen Nacht mit Halsschmerzen und verstopfter Nase werde ich bereits 4:15 wach, also eine viertel Stunde vor dem Wecker. Nach einem kleinen Frühstück und etwas Nasenspray gehe ich zum Startbereich, um mir meine Startnummer auf die Oberarme stempeln zu lassen. Damit haben es die Veranstalter hier ganz wichtig. Danach das übliche: Reifen aufpumpen, Wasserflaschen und Energieriegel anbringen und noch einmal den Weg durch die Wechselzone abgehen. Da noch Zeit ist, marschiere ich zurück ins Hotel und bringe die Standpumpe weg. Dann geht die Sonne auf und um 6:30 fällt der Startschuss für die Profis. Die Alterklassenathleten starten erst um 7:00. Der Ozean ist vom Sturm der Nacht noch sehr bewegt und am Riff vor der Waterfront Row brechen ca. 2m hohe Wellen. Auf der Schwimmstrecke schaut es zum Glück etwas ruhiger aus. Der Schwimmkurs ist einfach: Vom Start am Peer weg bis zu einem Segelschiff, dort herum und wieder zurück zum Peer. Die Startschusskanone wird pünktlich gezündet und das Wasser beginnt unter den fast 4000 Armen der Athleten zu brodeln. Es ist voll und es ist kein Durchkommen. Außerdem ist das Schiff aufgrund des Seegangs nicht immer zu sehen, sodass auch einige Athleten kreuz und quer Schwimmen. Ich versuche immer wieder ein Paar Füße zu finden, denen ich folgen kann, aber es ist nichts recht überzeugendes dabei. Also beginne ich bei jedem sechsten Armzug einmal nach vorne zu schauen, um selbst die Richtung zu finden. Dadurch werde ich natürlich langsamer, aber das ist auch schon egal. Es dauert ohnehin eine gefühlte Ewigkeit, bis ich das Schiff erreiche. Ich schaue mit Absicht gar nicht erst auf die Uhr, sondern beruhige mich damit, dass es ja um mich herum immer noch von Athleten wimmelt. Auf dem Rückweg wird der Seegang von der Seite stärker und ich werde einige Male regelrecht entlang meiner Längsachse verdreht. Ein sehr komisches Gefühl. Außerdem schluckt man dabei mehr Wasser als sonst. So dauert es dann auch ewige 1:19 bis ich aus dem Wasser komme. Einziger Trost: durch den Seegang hat das Schiff wohl die Position nicht halten können und die Strecke betrug 4 km, wie ich am Abend erfahren habe. Auf dem Rad geht es zuerst Richtung Süden auf dem Kuakini Híghway. Da geht’s ganz schön den Berg rauf und der Wind kommt dort aus südlicher Richtung. Insgesamt also ein mühsamer Anstieg, aber natürlich für alle gleich. Am Wendepunkt dann die gleiche Strecke zurück mit über 70 Sachen. In Kona geht’s dann über die Palani Road rauf auf den Queen Ka’ahumanu Highway Richtung Norden nach Hawi. Der Rückenwind bleibt uns (ungewöhnlicher Weise) für rund 55 km treu. Nach einer links-rechts Kombination herrscht dann am Aufstieg nach Hawi für 30 km heftigster Gegenwind. Wie heftig, sollte die Abfahrt noch zeigen. Bei so einem Gegenwind und bergauf kann man schier verzweifeln. Der Tacho erreicht selten Wert über 20km/h. In Hawi ist wiederum ein Wendepunkt und der Wind bläst jetzt von hinten. Auf einem fast Ebenen Abschnitt der Abfahrt jage ich mit 60 km/h dahin und schaffe es kaum, ein auf der Fahrbahn fliegendes Grasbüschel zu überholen, soviel zu der Windgeschwindigkeit. Leider hält dieser Wind nicht lange an. Nach ca. 20 km dreht der Wind auf West und kommt nunmehr seitlich vom Meer. Nach weiteren 20 km dreht er auf Südost und kommt mit fast 40 Grad Celsius aus den Lavafeldern. Das sollte dann so bis Kona bleiben. Da ist der Schnitt natürlich schnell am A…. Bei diesen Temperaturen verwende ich ein „ausgeklügeltes“ Kühlsystem. An jeder Verpflegungsstation, die zum Glück ca. alle 10 km eingerichtet sind, nehme ich neben Energiegetränken und Gels auch eine Flasche Wasser, die nur zum befeuchten des Fahrers verwendet wird: Wasser in die Schlitze vom Helm, auf Arme, Beine und Rücken gespritzt, bis es in die Schuhe läuft, super! Das Konzept funktioniert gut. Leider bekomme ich kurz vor Ende der Radstrecke Magen-/Darmprobleme, evtl. von den Gels, die von einer anderen Marke sind, als meine üblichen. Letztendlich bin ich nach knapp fünfeinhalb Stunden froh, vom Rad steigen zu können, vor allem ohne größere Pannen, einzig mein Hinterrad hat irgendwie einen Achter bekommen, sodass ich die Bremsen aufmachen musste. Nun folgt das Laufen. Und das geht zunächst gar nicht. Mir ist schwindelig und ich habe den Eindruck, dass ich wie ein Betrunkener umhertorkele. Das geht die ersten drei Meilen so und dann, von einem Meter auf den anderen, ist alles OK. Gut so! Hält leider nicht lange an. Bei Meile 9 macht mir mein Darm unmissverständlich klar, dass er seinen Inhalt nicht mehr mag. Also ab auf das ungeliebt Dixi-Klo. Danach ist erst mal wieder alles gut. Aber leider nicht für sehr lange Zeit. Bei Meile 16 wiederholt sich das Spiel. Durch den damit verbundenen Wassermangel werde ich auch immer langsamer, wodurch es aber dem Darm auch wieder besser geht. Also habe ich das Tempo generell etwas gedrosselt. Leider verliert jetzt auch noch das Nasenspray so langsam die Wirkung und die Nase ist zu. Der Hals schmerzt durch das viele Atmen oder die Vorschädigung ohnehin schon seit längerem. Zur Ablenkung und vermutlich zum Leidwesen der anderen Athleten fange ich an, vor mich hin zu singen. Kann ich nur jedem empfehlen, der mal Probleme beim Triathlon, Marathon oder einem Lauf überspielen möchte. Beruhigt auch den Atem. Zusätzlich hilft natürlich auch der alte chinesische Trick, Daumen und Zeigefinger gegeneinander kreisförmig zu reiben. Ich brauche wohl nicht näher erklären, dass Kühlen auf der Laufstrecke (wieder der Highway, wieder fast 40 Grad) natürlich auch ein MUSS ist. Ich fülle mir bei jeder Verpflegungsstation (Abstand eine Meile) Eiswürfel in die Laufkappe und den Anzug. Viel Trinken ist natürlich auch eine Selbstverständlichkeit, Energiedrink, Wasser, Cola, am besten alles auf einmal, lecker. So schleppe ich mich mehr schlecht als recht bis hinunter zum Wendepunkt beim Energy-Lab. Dort gibt es leider keine Energie für Athleten, sondern dort werden alternative Energiequellen aber auch landwirtschaftliche Anbauverfahren erprobt. Vom Energy-Lab zurück geht es relativ lang bergauf, sodass ich mir hier einen kleinen Gehabschnitt gönne. Eigentlich geht aber die gesamte Laufstrecke immer nur rauf und runter, aber der Weg zum Energy-Lab ist halt besonders lang. Der Nachmittag neigt sich dann so langsam seinem Ende entgegen, wodurch die Sonne nun deutlich tiefer steht und weniger heftig herunterbrennt. Da geht es mir gleich wieder besser, sodass ich die letzten fünf Meilen wieder mit einem ganz ordentlichen Tempo absolviere. Nach gut drei und dreiviertel Stunden liegt auch das Laufen hinter mir und der Sprecher sagt zum x-ten Mal: You are an Ironman! Ergebnis: Platz 743 von rund 2000 insgesamt und Platz 77 von gut 220 in meiner Alterklasse. Ist natürlich in keiner Weise mit dem Ergebnis von Kanada vergleichbar, aber Hawaii ist halt die Weltmeisterschaft und es dürfen (im Wesentlichen) nur die Besten an den Start. Neben den üblichen Wehwehchen nach einem solchen Tag (ich komme z.B. kaum Treppen runter, ohne Geländer wird’s ganz schwierig) habe ich mir einen ordentlichen Sonnenbrand geholt, obwohl ich mir bei beiden Wechseln die Zeit genommen habe, mich einschmieren zu lassen. Fast elf Stunden in der Sonne des 20. Breitengrads sind halt doch sehr extrem. Ob ich hier noch mal hin möchte? Im Augenblick kann ich dazu ein klares „Nein“ sagen. Die ganze Veranstaltung ist inzwischen so kommerzialisiert, dass es verwunderlich ist, dass es die Zielverpflegung noch kostenlos gibt. Und ich kann dieses „Good job“ und „You are an Ironman“ nicht mehr hören. Außerdem gibt es auch noch andere sportliche Herausforderungen. Aber man soll ja niemals nie sagen … Aloha aus Hawai und Mahalo fürs Lesen ;-) Euer Norbert |